Eine frische Szene junger Musikerinnen und Musiker hat sich in den letzten Jahren im Südwesten Europas etabliert. Es ist eine in Portugal gewachsene, aber sehr internationale Musiksprache, die bis nach Übersee für Aufsehen sorgt. Mit ihrer bewundernswerten Songwriting-Kraft und ihrer betörend hauchenden Stimme ist Mariana Brito da Cruz Forjaz Secca, kurz MARO, eine der aufregendsten Protagonistinnen dieses jungen Portugals.Schon mit zwölf Jahren beginnt die Tochter einer Musiklehrerin, eigene Lieder zu schreiben. Nach ihrer Schulzeit liebäugelt MARO noch mit einer Laufbahn als Biologin und Tierärztin, doch mit 19 verschreibt sie sich am renommierten Berklee College in Boston ganz der Musik auf professioneller Basis. 2018 siedelt sie nach Los Angeles über und beginnt dort ihre Karriere als Sängerin - mit einem beeindruckenden Auftakt: Sage und Schreibe fünf EPs mit ausgefeilten Akustikpop-Perlen spielt sie in einem Jahr ein, und die große Jazz- und Soul-Eminenz Quincy Jones nimmt sie in seiner Agentur unter Vertrag. Mit diesem beachtlichen „Starter-Kit“ erregt MARO nicht nur die Aufmerksamkeit der Presse, sondern auch die Bewunderung junger Kollegen - allen voran die des britischen Tausendsassas Jacob Collier, der sie in seine „DJESSE Vol.2“-Tourband integriert.Den Schwung ihrer Laufbahn kann auch die Pandemie nicht brechen: Während der Jahre des Lockdowns etabliert MARO das Online-Format „ITSA ME, MARO!“ und duettiert in mehr als 100 Clips mit internationaler Prominenz wie Eric Clapton, Mayra Andrade, Lennon Stella, The Paper Kites, Lizzy McAlpine, Sílvia Pérez Cruz oder Lionel Loueke. 2022 tritt sie in die Fußstapfen ihres Landsmanns Salvador Sobral und vertritt Portugal mit ihrer sanften Hymne „Saudade, Saudade“ beim Eurovision Song Contest in Turin, wo sie Platz 9 belegt. Mit der Scheibe „Can You See Me?“ weitet sie ihr stilistisches Spektrum in Richtung Rap, Folk und Trap aus.Was ist das Geheimnis von MAROs Musik, die von Portugal bis in die USA, von Mexiko bis Spanien gefeiert wird? Da ist eine Stimme, die raffiniert mit dem Atem spielt, nicht virtuos sein will, vielmehr die verhaltene, verträumte Emotion in den Fokus rückt. Da ist die schier unglaubliche Songwriting-Kreativität: Sie drückt sich in clever gewundenen Melodien aus, die zwar im Gedächtnis bleiben, aber keine einfach gestrickten Ohrwürmer sind. Und da ist MAROs Vermögen, in jedem erdenklichen Umfeld, mit ganz verschiedenen Partnerinnen und Partnern zu glänzen – sei es im Jazz, Pop oder R&B – und dabei immer eine unverkennbare eigene Note zu prägen.Mit ihrem neuesten, in Barcelona eingespielten Werk „Hortelã“ kommt sie nun auf Deutschlandtour. Nach ihren reich arrangierten Popwerken zelebriert sie nun die Nacktheit ihrer Stimme im Kreis von zwei Gästen an den Akustikgitarren. Der klassisch ausgebildete Darío Barroso und sein Gegenüber Pau Figueres zählen zu den absoluten Koryphäen auf den sechs Saiten über ihre katalanische Heimat hinaus. Erfindungsreich und sehr einfühlsam bauen sie ein sanftes Nest um die Melodien. MARO hat sich dieses Mal entschieden, diese genauso intimen wie atemberaubend schönen Miniaturen fast ausschließlich auf Portugiesisch zu interpretieren. Oft dauern sie nicht länger als drei Minuten, aber - wie stets in einem guten Song – in diesen drei Minuten kann alles gesagt werden.Viele der Stücke haben kontemplativen Charakter, etwa das ruhig atmende „Fui Passo Calculado“. Ab und an kommt ein wenig Rumba- oder Flamenco-Charakter zum Zuge („Há-de Sarar“, „Oxalá“). Und „Juro Que Vi Flores“, das engumschlungene Duo mit der katalanischen Kollegin Sílvia Pérez Cruz, zwingt einen vor Rührung in die Knie, wenn sich zwei der schönsten Stimmen der iberischen Halbinsel verbünden. „Hortelã“ ist das portugiesische Wort für Minze – und das passt für diese neuen Songs richtig gut. Noch mehr als sonst geht MAROs Timbre kaum mal aus dem Pianissimo heraus, ist manchmal mehr sanfte Brise als Ton. Und trifft auf unsere Sinne wie ein kühlender, duftender Hauch von Minze in heißer Sommerluft.